Vom Segen einer eigenen Mission
Wozu gibt es uns eigentlich?
Keine Angst… existenziell-philosophisch wird dieser Blogbeitrag nicht, aber um eine existenzielle Frage geht es uns schon: „Wozu gibt es uns?“ Dabei betrachten wir die Welt aus der Perspektive, mit der wir uns als OrganisationsentwicklerInnen am besten auskennen: Nämlich die von Menschen, die in einem Unternehmen, einem Non-Profit oder einer Behörde gemeinsam arbeiten. Wenn eine Organisation, eine Abteilung, ein Team eine überzeugende Antwort auf diese Frage, und damit ihren Purpose, gefunden hat, dann dient das …
… der Identifikation und dem Zugehörigkeitsgefühl, weil klar ist, was das die Beteiligten in ihren unterschiedlichen Rollen verbindet und wozu man einen gemeinsamen Beitrag leistet.
… der Sinnstiftung, und damit der Mitarbeitenden-Zufriedenheit, -motivation und -bindung, weil es einen sichtbaren Zusammenhang zwischen dem individuellen Beitrag und dem großen Ganzen gibt.
… der Schnittstellendefinition und Klarheit nach außen, weil Beteiligte außerhalb der Organisation wissen, was sie erwarten können, und was nicht.
… der Priorisierung von Aktivitäten, Anforderungen und Projekten, weil diese sich an der Mission messen lassen können.
… der Klarheit von Zielen, weil diese sich (selbst) erklärend aus der Mission ableiten lassen, bzw. auf diese einzahlen.
… der Handlungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbststeuerung, weil die Beteiligten wissen, worum es geht, und damit abschätzen können, was dazu dienlich ist.
… der Performance, wie zahlreiche Studien (u.a. die Kienbaum Purpose Studie 2020) eindrucksvoll belegen.
Ob ein Purpose all diese Vorteile bringt,
hängt nicht so sehr daran, ob er geschliffen formuliert und in feinstem Corporate Design an jeder Wand hängt, sondern daran, wie er entstanden ist und ob er sichtbar und glaubwürdig einen Maßstab für die Prioritäten und Entscheidungen der Verantwortlichen darstellt. Natürlich wäre es auch schön, wenn der Purpose gemeinsam mit einer Vision, Werten und Leitlinien Teil eines konsistenten Unternehmensleitbildes wäre, aber notwendig ist es nicht.
Schade, werdet Ihr jetzt vielleicht denken, … so einen tollen Purpose gibt es in meinem Unternehmen leider noch nicht, dann müssen wir wohl auch in unserem kleinen Marketingteam auf die vielen Vorteile verzichten.
Wir haben da ehrlich gesagt ganz andere Erfahrung gemacht: Es lohnt sich immer für ein Team oder eine Abteilung das eigene „Wozu“ zu kennen, auch wenn im Rest der Organisation solche Klarheit noch nicht herrscht.
Wenn wir mit einem Team arbeiten dürfen,
das sich neu zusammensetzt, auf das neue Aufgaben und Herausforderungen zukommen, oder in dem eine neue Führungskraft Verantwortung übernimmt, dann ist es oft der erste Schritt, der sich anbietet: Gemeinsam den Purpose zu formulieren.
Dabei geht es nicht darum ausgefeilte Formulierungen zu schärfen, sondern darum, gemeinsam ein Verständnis davon zu erarbeiten, was das Ziel der eigenen Arbeit ist. Manchmal schauen wir dabei zunächst in irritierte Gesichter: Es ist doch klar, warum wir als Buchhaltung existieren… Aber wenn die Einzelnen dann ins Nachdenken kommen, sich zu zweit austauschen und die Ideen in der Gruppe sich immer weiter verdichten, bis ein oder zwei prägnante Sätze am Flipchart stehen, dann nicken die meisten doch zufrieden und überzeugt.
Hierbei ist der Prozess des Austauschens, vielleicht auch der Reibung, wichtiger als die Feinheiten der Formulierung. Frei nach Pareto kann man selbst in größeren Gruppen schon in relativ kurzer Zeit eine wirklich gute 80% Arbeitsversion des Purpose erstellen, der seinen Zweck erfüllt und an der ggf. ja auch später noch gefeilt werden kann. Mit einem guten Design* lassen sich viele am Entstehungsprozess beteiligen, was die Wahrscheinlichkeit für die Identifikation mit dem Ergebnis deutlich erhöht.
Ganz nebenbei lernt mal sich in der Diskussion noch besser kennen; die Perspektiven und Prioritäten, die Wünsche und Bedürfnisse der anderen im Team. Und wenn sich die gemeinsame Arbeit dann auch noch leicht anfühlt und Spaß macht, dann sind wir mittendrin in einer hilfreichen Teamentwicklung… und damit ganz nah an unserem Purpose als syspo.
*) Gern genommen: Das „Purpose Turnier“ aus dem Buch „Der Loop Approach“ von Sebastian Klein, Ben Hughes und Frederik Fleischmann bzw. bei www.neuenarrative.de
Autor: Robert Marlinghaus
Senior Berater bei syspo excellence
Diplom-Kaufmann, Systemischer Berater, Executive Coach und Change Manager