Die Lehrperson als systemischer Coach?

Anne-Catherine Molz

Veröffentlicht am: 3. Januar 20253,6 Minuten Lesezeit

Wenn ich als Lehramtsstudentin von meiner Ausbildung zum systemischen Coach und meinem Job bei syspo erzähle,

bekomme ich oft die Antwort: „Klingt spannend, aber was hat das mit dem Lehrer-Sein zu tun?“. Auch mir waren die Zusammenhänge und der Nutzen für meinen späteren Beruf zunächst nicht klar und so fiel mir auch die Beantwortung dieser Frage nicht leicht. Heute sieht das anders aus – aber dazu später mehr.

Der Beruf der Lehrperson hat sich in den letzten Jahren stark verändert.

Früher war Unterricht und die Rolle der Lehrpersonen vor allem durch Wissensvermittlung definiert. Heute sieht das – zum Glück – oft ganz anders aus.  Durch neue Lernkonzepte, Klassenraumgestaltung aber auch die Digitalisierung werden Lehrerinnen und Lehrer heute auch zum Moderator, Unterstützer, Konfliktmanager – und vielleicht sogar auch zum systemischen Coach? In diesem Blogbeitrag beleuchte ich die spannende Verbindung zwischen der Rolle der Lehrkraft und den Prinzipien des systemischen Coachings.

Auf den ersten Blick

erscheinen die Aufgaben und Kompetenzen von Lehrkräften und Coaches unterschiedlich. Lehrerinnen und Lehrer vermitteln Wissen, während Coaches ihre Klient:innen dabei unterstützen neue Perspektiven zu entdecken, Muster zu erkennen und ihre eigenen Ressourcen zu aktivieren. Beim genaueren Hinschauen zeigt sich jedoch, dass die beiden Rollen erstaunlich viele Gemeinsamkeiten haben.

Zum Einen begleiten sowohl Lehrerpersonen als auch Coaches Menschen bei ihrer Entwicklung.

Im Bereich der Schule wird der Erwerb und die Förderung von Kompetenzen immer wichtiger, was deutlich über den Anspruch des reinen Wissenserwerbs hinaus geht. Es geht also nicht nur darum, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende 20 neue Vokabeln können. Im besten Falle sollen auf dem Weg dorthin beispielsweise die Kompetenzen Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gefördert werden.  Im Coaching ist dies ähnlich. Der Coach kann dem Klienten dabei helfen, die eigenen Ressourcen zu reaktivieren und so selbstwirksam den Weg zur Veränderung zu beschreiten.

Des Weiteren spielt in beiden Berufen das Arbeiten mit Perspektiven eine wichtige Rolle.

Ob ein Schüler Schwierigkeiten mit dem Lernstoff hat oder Konflikte in der Klasse entstehen – ein Perspektivwechsel kann oft den Knoten lösen. Lehrpersonen, die systemisches Denken anwenden, betrachten Probleme im Kontext, etwa im Zusammenspiel von Familie, Freunden und Schule. Ein systemischer Coach erkundet die Kontexte seines Klienten und lädt immer wieder dazu ein, in andere Rollen zu schlüpfen um ein besseres Verständnis über das eigene Handeln aber auch über das Handeln der Mitmenschen zu erlangen.

Die Schule ist aber nicht nur ein Ort des Lernens,

sondern auch ein Ort der Begegnung an dem man mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt steht. Dabei entstehen zwangsläufig Konflikte und Herausforderung zwischen Schülern, zwischen Eltern und Lehrkräften, zwischen Schüler:innen und Lehrpersonen oder innerhalb des Kollegiums. Die Prinzipien und Methoden des systemischen Coachings können meiner Meinung nach Lehrkräften helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen und ein möglichst positives Erlebnis für alle Beteiligten zu gestalten.

Ein Beispiel für das Verwenden von systemischen Methoden

könnte das Einbringen von „positivem Konnotieren“ im schulischen Kontext sein. Statt sich auf das Verhalten eines „schwierigen“ Schülers zu fokussieren, können Lehrpersonen sich selbst fragen: „Welche positiven Eigenschaften hat diese:r Schüler:in?“  Dieses Denken öffnet neue Handlungsräume und hilft dabei, negatives Erleben in Chancen umzuwandeln. Auch für die Verbesserung und Pflege des Klassenklimas bieten Methoden aus dem systemischen Coaching gute Hilfsmittel. Skalierungsfragen können beispielsweise dabei helfen, Beziehungen zu visualisieren und zu stärken.

Um zurück zur Frage vom Anfang zu kommen – „Was hat das systemische Coaching mit dem Lehrer-Sein zu tun?“

– liegt die Antwort für mich auf der Hand. Lehrpersonen sind längst mehr als reine Wissensvermittler. Sie begleiten ihre Schüler:innen und auf ihrem Weg, sowohl fachlich als auch persönlich. Besonders die persönliche Beziehung und Unterstützung über Lerninhalte hinaus liegt mir am Herzen und genau hier sehe ich den Mehrwert den mir die Ausbildung zum systemischen Coach bietet. Die Prinzipien des systemischen Coachings bieten mir wertvolle Werkzeuge, um meine Rolle als Lehrer:in noch wirkungsvoller auszufüllen.

Eine Lehrperson, die zugleich systemisch denkt,

kann Schüler:innen helfen, ihre eigenen Ressourcen zu entdecken, Konflikte zu bewältigen und selbstständiger zu lernen. Vielleicht ist es Zeit, den Lehrerberuf um eine neue Facette zu erweitern – die des systemischen Coaches.

 

Autorin: Anne-Catherine Molz, Ansprechpartnerin Social Media

In der Neuorientierung bestimmen Sie die Richtung!

Wir bringen Sie in Bewegung.